Geboren 1958 in Berlin
Schule und Studium in Berlin (HdK und FU)
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Leben und Arbeiten am Meer – in Kiel und in Schweden




Corinna



Einführung zur Ausstellung „Kaltwasser”, Atelierhaus im Anscharpark, Kiel (Auszug) Von Jens Martin Neumann, Kunsthistoriker in Kiel

Malen und Zeichnen bedeutet für Corinna Kraus-Naujeck das Einsammeln von künstlerischen Erfahrungsschichten, die sich als Ablagerungen eines biografischen und anekdotischen Erinnerns in die Papierhaut einschmelzen. Sie bewegt sich in ihren Bildern zwischen der Erfahrung der bekannten Welt und dem eigenen seelischen Empfinden, stellenweise sinnbildlich verschlossen in Glas. Wenn existente Landschaften, geschaute Naturräume, erlebte Situationen in ihre Arbeit einfließen, dann nur als Muster der Flächenteilung, als breit auf-gespanntes, schön scheckiges Balkengefüge aus Wolken, Bergen und Meer, und als nordisch eisige bis wässrige Skala des Farbeindrucks. Wenn Natur im Bild ist, dann im Malen mit Meerwasser oder Drucken mit Algen geradewegs als Form- und Farbgestalterin. An was die Relikte erahnbarer Abbildlichkeit erinnern, bleibt angesichts der kontemplativen Resonanzflächen ganz uns Betrachtern überlassen.

Wirklichkeitsbezüge zur nordischen Landschaft bieten Corinna Kraus-Naujeck Anlass und Ausgangspunkt für eine spezifische Form der farbigen Zeichnung, die eine entwickelte Schwarzlinienkunst der Umriss- und Binnenzeichnung um malerische Effekte erweitert. Resultat sind transparente Naturarabesken, ihre bevorzugten Sprachelemente sind eckig mäandernde Linie und weich toniger Farbfleck. Die typischen, langschmal gestreckten Querformate, die ein Auge mit Beinen erfordern, zeigen das spezifische Kraus-Naujeck-Prinzip: Die Künstlerin richtet mit aufgewalzten Acryl-Schellack-Tinten ihre imaginären Landschaften, dieses Nebelstakkato der Berg- und Wolkenformation, auf der rauen Rückseite des Seidenpapiers auf, während die feinen Pigmentstift-Zeichnungen auf der Vorderseite diese Farbpartien sekundär ausdeuten, narrativ zuspitzen. Die atmosphärische Räumlichkeit ergibt sich aus der realen Schichtung von filigranem, doch eng verflochtenem Liniengewebe über unterlegter Farbwand, stilisiert zum Durchscheinen, Anschwellen und Überschreiben — entscheidend ist diese Durchlässigkeit im Licht.

So verschränken sich unterschiedliche Bildmethoden zu einer neuen Einheit, in der stärker illustrative Zeichnung und abstrakte Farbmalerei als gleich-berechtigte, einander hinterfragende Möglichkeiten des bildnerischen Ausdrucks wie der visuellen Weltaneignung vorgeführt werden. Überhaupt vertreten Corinna Kraus-Naujecks Arbeiten einen eigenwilligen Werkbegriff, sind sie doch weniger klassische Bildtafel denn fragiles Bildsegel und kalligraphische Schriftrolle.

Jedes Bild in dieser Ausstellung definiert sich ganz aus der zeichnerischen und malerischen Setzung heraus, aus dem damit verbundenen Absolutheitsanspruch der schöpferischen Aktion.